Awareness Leitfaden Cologne Music Week 2023

Content Note:

Dieser Leitfaden behandelt die Themen Diskriminierung, Grenzüberschreitungen und sexualisierte Gewalt


Ob in der U-Bahn, in der Kneipe oder bei einem Festival: Treffen Menschen aufeinander, kommt es leider immer wieder zu übergriffigem, diskriminierendem Verhalten – sei es bewusst oder unbewusst. Oft bleibt vieles unkommentiert und wird nicht geahndet, was zu Gefühlen von Unsicherheit und Angst im öffentlichen Raum führt – gerade für BiPoC, FLINTA+ und LGBTQIA*. Es fehlt dabei oft nicht nur das Bewusstsein darüber, welches Verhalten Grenzen überschreitet; viele fühlen sich auch unsicher, wie sie in der Situation reagieren sollen, wenn etwas passiert. Mitarbeitende, Besucher*innen und Helfer*innen sollten daher darin geschult werden, Handlungsstrategien zu entwickeln, die es ermöglichen, übergriffiges und diskriminierendes Verhalten zu vermeiden und zu verringern, um dann im Falle dessen besser damit umgehen zu können. Dadurch werden Safer Spaces ermöglicht, die einen Gewinn für alle Menschen darstellen. 

To be aware heißt erstmal aufmerksam sein bzw. Bewusstsein haben und für Probleme sensibel sein. Awareness ist dabei ein Konzept, das sich mit respektvollem Verhalten miteinander beschäftigt. Es geht darum, sich gegenseitig zu unterstützen und einen Raum zu schaffen, in dem sich alle wohlfühlen können und keinerlei Übergriffe oder diskriminierendes Verhalten geduldet werden. Dabei werden Grenzüberschreitungen individuell von den Betroffenen definiert: Welche Vorfälle dazu führen, dass sich Menschen angegriffen, missachtet, diskriminiert, verletzt, herabgewürdigt oder überfordert fühlen, wird nicht in Frage gestellt. 

Was für euch eine unbedenkliche Kleinigkeit darstellt, kann leider bei Anderen schon dazu führen, dass ihnen dadurch die Freude am Feiern oder der Veranstaltung vergeht. Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob euer Verhalten in Ordnung ist, empfehlen wir im Zweifelsfall: Lieber einmal zu viel als zu wenig nachfragen!

Diese Grundsätze gelten deshalb bei uns:

1. Konsens bzw. Zustimmung 
Individuelle Grenzen werden respektiert: Nein heißt immer nein! Und noch wichtiger: Nur ja heißt ja! 

2. Definitionsmacht 
Wo ein Übergriff beginnt, bestimmt immer die betroffene Person und sie hat für sich das Recht zu entscheiden, wie es nach dem Vorfall weitergeht. 

3. Parteilichkeit 
Die Wahrnehmung der betroffenen Person wird nicht in Frage gestellt - Solidarität steht an erster Stelle. 

Guideline

Wir wollen gemeinsam einen möglichst diskriminierungsfreien, nicht wertenden Raum schaffen, in dem sich jede*r willkommen und respektiert fühlt – hierfür sind alle Teilnehmenden verantwortlich. 

Für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander gelten diese Guidelines bei der Cologne Music Week.

1
Wir tolerieren keine Formen von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Ableismus, Altersdiskriminierung, Klassismus, Trans- und Queerfeindlichkeit und alle weiteren Formen von Diskriminierung. Grenzüberschreitendes und gewaltvolles Verhalten führt zum  Ausschluss von der Veranstaltung.

2
Wir respektieren individuelle Grenzen: Nein heißt immer nein! Und noch wichtiger: Nur ja heißt ja! Mache und poste keine Fotos von anderen Menschen ohne Einverständnis. Alle Handlungen und Gespräche finden nur im gegenseitigen Einverständnis statt.

3
Schließe nicht vom äußeren Erscheinungsbild auf die Geschlechtsidentität einer Person. Nur weil du jemanden als männlich oder weiblich liest, bedeutet das nicht, dass sich diese Person auch so identifiziert. Frage nach dem Pronomen, mit dem “er, sie they, dey, Name” angesprochen werden möchte.

4
Wo eine Grenzüberschreitung beginnt, bestimmt immer die betroffene Person und sie hat das Recht zu entscheiden, wie es nach einem Vorfall weitergeht. Wir stellen die Wahrnehmung nicht in Frage - Solidarität steht an erster Stelle.

5
Zeig Verständnis, Anerkennung und Achtung für Dinge, Praktiken oder Traditionen von Kulturen. Sei dir der asymmetrischen Machtverhältnisse bewusst, die zwischen den Kulturen bestehen. 

Unterstützungsangebot vor Ort

Solltest du auf der Cologne Music Week übergriffiges Verhalten beobachten, oder selbst davon Betroffen sein, kannst du dich an das Personal vor Ort wenden.

Das Personal ist gebrieft und es wird so gut es Ihnen möglich ist, versuchen dir zu helfen.
In der teilnehmende Venue Gewölbe gibt es ein eigenes Konzepte/Guidelines, die ihr hier einsehen könnt:

Gewölbe 

Tagsüber gelten im Stadtgartens und JAKI unsere Guidelines.
Am Abend im Partyteil das eigene Awarenesskonzept das ihr hier einsehen könnt.

In der Christuskirche und im St. Michael gilt unsere Guideline. 

Wir erwarten dennoch von unseren Besucher*innen und allen Mitarbeitenden, die sich in der Lage dazu fühlen Betroffenen ein Angebot zu schaffen oder andere Besucher*innen & Mitarbeitende auf grenzüberschreitendes Verhalten aufmerksam zu machen.

Mit eurer Mithilfe können wir unsere Veranstaltungen einem zu sichereren Orten machen und dafür sorgen, dass Betroffene von Diskriminierung, sexualisierter Gewalt und Grenzüberschreitungen die Unterstützung bekommen, die sie benötigen, um sich wieder wohlzufühlen. 

Wenn du grenzüberschreitendes Verhalten beobachtest

Nicht immer wirst du direkt von der (potenziell) betroffenen Person angesprochen. Solltest du eine Szene beobachten, die dir merkwürdig vorkommt, helfen dir die 5 Ds: 

Distract:
Lenke ab, indem du die potenziell betroffene Person bspw. unter einem Vorwand ansprichst und ihr so eine Möglichkeit gibst, sich der Situation zu entziehen. 

Direct:
Wenn du dich damit sicher fühlst, konfrontiere die ausübende Person direkt. Ist gerade Security in der Nähe? Gibt es andere Personen, die dich unterstützen könnten? Fordere die ausübende Person auf, ihr übergriffiges/diskriminierendes/... Verhalten zu beenden. Falls notwendig, erkläre, warum das Verhalten nicht erwünscht ist (z.B. in Bezugnahme auf die Guideline) 

Delegate:
Übergebe die Situation an eine verantwortliche Person, z.B. Festivalpersonal, Bar, Security.

Delay:
Falls keine dieser Optionen möglich ist oder du dich nicht wohlfühlst, selbst einzugreifen, warte die Situation ab und gehe später noch einmal auf die potenziell betroffene Person zu, checke mit ihr ein und biete ggf. Unterstützung an oder verweise auf die Mitarbeitenden der Venue (Bar, Security) & das Cologne Music Week Personal 

Document:
In manchen Fällen kann es helfen, eine Situation zu dokumentieren, sodass du sie später an eine verantwortliche Person weitergeben kannst. Was ist passiert? Wer war involviert? Wenn du aktive Gewaltausübung beobachtest, kann es sinnvoll sein, ein Foto oder Video zu machen, um die ausübende Person wiederzuerkennen. 

Wichtig:

Wenn du eine Situation beobachtest, die dir falsch vorkommt oder du das Gefühl hast, dass es einer anderen Person gerade nicht gut geht, checke deine eigenen Kapazitäten einzugreifen oder zu unterstützen. Falls du dich dazu nicht in der Lage fühlst, sage unbedingt einer weiteren Person Bescheid. 

Wenn du dich entscheidest einzugreifen, spreche direkt mit der betroffenen Person und frage sie, ob sie deine Unterstützung benötigt. Wenn sie das nicht möchte, respektiere dies. Wenn sie deine Unterstützung benötigt, frage sie, was ihr helfen würde.

Vorab: Was kannst du tun?

KENN DEINE PRIVILEGIEN - ALLYSHIP 
Wenn du mehr Privilegien als andere genießt (z.B. als weiße Cis Person, heterosexuelle Person ohne Behinderung usw.), versuche dir deiner Privilegien bewusst zu werden und stehe marginalisierten Personen bei (auch bei Dingen, die für dich wie Kleinigkeiten wirken). Jemand macht einen rassistischen Witz? Du siehst, wie sich eine Person auf der Tanzfläche sichtlich unwohl fühlt, weil eine andere Person ihr zu nahe kommt? Überlege, wie du mit solchen Situationen umgehen und eingreifen kannst – welche Hilfe würdest du dir in dieser Situation wünschen? 


NUR JA HEIßT JA - THIS IS A SPACE OF ENTHUSIASTIC CONSENT 
Respektiert die individuellen Grenzen Anderer: Nein heißt immer nein! Und noch wichtiger: Nur ja heißt ja! Darunter fallen auch Fotos oder Videos von anderen Menschen ohne deren Erlaubnis - insbesondere das Posten von diesen im Internet. 


PRONOMEN 
Bitte fragt jede Person, mit welchem Pronomen (er, sie, they, dey, gar keins, ...) sie angesprochen werden möchte. Falsche Pronomen zu verwenden, kann verletzend und auch traumatisierend wirken und sollte daher möglichst vermieden werden. Es gibt auch Menschen, die auf Pronomen verzichten; wichtig ist uns ein sensibler, respektvoller Umgang miteinander. 


KENN DEIN LIMIT
Kenne dein Limit in Bezug auf Drogen und Alkohol aller Art. Deine Party sollte nicht zum Trauma von Anderen werden. 


FEHLERFREUNDLICHKEIT UND REFLEXION 
Wir machen alle Fehler. Mögliche Fehltritte sind allerdings kein Grund, nicht zu versuchen, etwas zu verändern. Wenn Personen diskriminierende Sprache oder Denkweisen verwenden, versuchen wir sie durch konstruktive Kritik darauf aufmerksam zu machen. Wir bitten euch, wenn Menschen konstruktiv Kritik an euch richten, dafür offen zu sein und zuzuhören. Eine ehrliche gemeinte Entschudligung ohne Rechtfertigungsversuch ist ein guter erster Schritt zu einem besseren Miteinander für alle. 


WISSEN 
BIPoC und andere marginalisierte Gruppen sind nicht dafür verantwortlich für eure Aufklärung zu sorgen. Es gibt aber gute Organisationen, die ihr ansprechen könnt und die euch Info Material, Bücher, Tipps und Link Empfehlungen zukommen lassen können. Einen kleinen Auszug findet ihr weiter unten in diesem Leitfaden.

Wichtige Begriffe & Abkürzungen

BIPoC / BI_PoC 
BIPoC steht für “Black Indigenous_People of Colour”. Der Unterstrich sagt aus, dass es nicht-Weiße Menschen gibt, die sich als “weder-noch” identifizieren und ist damit Sammelbegriff für nicht-Weiße Menschen. Auf Deutsch: Schwarz, Indigen - der Begriff People of Color wird nicht übersetzt. 

All diese Begriffe sind politische Selbstbezeichnungen. 


nonbinary / nichtbinär 
Dieses kann neutral sein, kein Geschlecht oder zwischen mehreren Geschlechtern hin und her wechseln.Es bezeichnet Personen, die sich in das heteronormale Geschlechtssystem (‚Frau‘ oder ‚Mann‘) nicht einordnen lassen (wollen). Sie können sich z.B. zwischen diesen beiden Geschlechtern verorten, oder ganz außerhalb davon, oder auch gar kein Geschlecht haben (agender). Einige nichtbinäre Menschen identifizieren sich als trans. 


Inter 
Jemand, der intersexuell ist, weist von Geburt an biologisch sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsmerkmale auf. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass Intersexualität mittels einer Chromosomenanalyse festgestellt werden kann. 


Trans*Gender / Trans*Person 
Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, dem sie nach der Geburt zugeordnet wurden. 


Kulturelle Aneignung / cultural appropriation 
Entwendung kultureller Elemente für den eigenen Gebrauch, zur Vermarktung oder aus Profitgründen; einschließlich Symbole, Reliquien, Kunst, Sprache, Bräuche usw. oft ohne Verständnis, Anerkennung oder Achtung ihres Wertes in der ursprünglichen Kultur. 


LGBTQIA* 
Diese Abkürzung steht für: lesbisch, schwul/gay, bisexuell, transgeschlechtlich, queer, intergeschlechtlich und asexuel. Das Sternchen* (auch Gender-Star genannt) wird ebenso wie der Unterstrich_ (auch Gender- Gap genannt) als Platzhalter verwendet, um alle Geschlechter und Identitäten über „männlich“ und „weiblich“ hinaus sichtbar zu machen. 

Weitere Begriffe kannst du unter https://awareness-akademie.de/glossar/ abrufen.

Interessante und weiterführende Ressourcen zum Thema Awareness findest du unter:

https://act-aware.net/

https://safethedance.de/awareness-leitfaden/

https://feiern-safe.club/